Ein Rostocker Forscher arbeitet an den Sterblichkeitsprognosen der Zukunft

Sterben ist unvermeidlich. Doch nicht in jedem Alter ist die Wahrscheinlichkeit das Zeitliche zu segnen gleich groß. Das ist ein Thema von vielen, mit dem sich Marcus Ebeling, Wissenschaftler für Demografie und Soziologie, beschäftigt. Am Max-Planck-Institut und in der Universität in Rostock arbeitet der 30-Jährige mit einem Team an verschiedenen Forschungen zum Thema Altersforschung, die er unter anderem auch in seiner Doktorarbeit aufgreift. Die Entscheidung in die Forschung zu gehen, traf Ebeling am Ende seines Masterstudiums. Dort war er bereit sein studentisches Dasein hinter sich zu lassen, um etwas zu machen, was wissenschaftlichen Anspruch hatte. Nach einem Doktorantenprogramm in Barcelona, welches Ebeling in der Entscheidung sehr geprägt hat, kehrte er 2013 zurück nach Rostock um dort diesen Forschungen nachzugehen.

Vielfältig sind auch die Fragen, die Ebeling sich in seinen Studien stellt. Deshalb ist es auch nicht einfach, einen passenden Titel für die gesamte Forschung zu finden. Seine Doktorarbeit trägt den Titel: Dynamische Maßzahlen für Sterblichkeits- und Alterungsforschung. „Das ist ein großer Titel und zwangsläufig nicht komplett kompatibel mit all den Sachen, die ich in dieser Doktorarbeit gemacht habe“, berichtet Ebeling.

Ein geeigneterer Titel wäre laut dem Wissenschaftler eher etwas wie: Maßzahlen und Erkenntnisse zur besseren Modellierung der Langlebigkeit.

Langlebigkeit ist ein prägnanter Bestandteil in vielen Fragestellungen seiner Forschungen.Angefangen hat es alles nach seinem Zivildienst. Ebeling wollte eigentlich Sozialpädagoge werden. Während dieser Zeit merkte er aber, dass er was anderes machen wollte. Er entschied sich nicht mit Einzelpersonen zu beschäftigen, sondern mit vielen Menschen. Somit kam er zur Demografie und fing an Sozialwissenschaften in Rostock zu studieren.
„Ich habe dann früh festgestellt, dass ich das ganz spannend finde. Ich hatte das Gefühl, dass Demografie eine Sache ist, die ziemlich allumfassend ist: sterben, Kinder kriegen, wandern. Man malt das Leben um das Leben“, beschreibt er. Demografie sei eine sehr junge Wissenschaft und hat keine feste Tradition wie zum Beispiel Physik oder Philosophie. Laut Ebeling ist sie sehr interdisziplinär. Das heißt, er sei zwar ein wirklich ausgebildeter Demograf, habe aber mit vielen Personen in anderen Berufen zu tun, wie zum Beispiel Mathematikern, Ökonomen oder Statistikern. Viel Austausch liegt dabei an der Tagesordnung, Diskussionen und Vorträge prägen die Arbeit.

In den Forschungen von Ebeling spielt die sogenannte Sterbekurve eine signifikante Rolle. Er erklärt, dass bei Neugeborenen eine höhere Sterblichkeit vorliegt, da Kinder häufig krank geboren werden. „Das kann man mit Sterberaten so zwischen 60 und 80 Jahren vergleichen. Irgendwo da trifft die Höhe der Sterberate von Säuglingen wieder auf die Sterbekurve von Erwachsenen“, erklärt Ebeling. Danach sinkt sie erstmal, bis sie dann einen Minimumwert erreicht, der danach nie wieder erreicht wird. Warum dieses Phänomen auftritt und ob man diese Spanne weiter verändern kann, wird noch untersucht und ist auch ein wichtiger Teil der Forschung von Ebeling. Diese Minimum-Spanne liegt etwa bei zehn bis zwölf Jahren. „Das kommt natürlich auf das Land an, wo die Person lebt und auf den Geburtsjahrgang.“ Danach steigt die Kurve und bildet den sogenannten Unfallhügel. Dieser wird so genannt, da es im Jugendalter vermehrt zu Unfällen kommt, gerade bei Fahranfängern. „Was wir dann beobachten, so mit Mitte 20 bis 30, dass dort tatsächlich die Sterblichkeit eintritt, die durch die Alterung des Organismus bedingt ist“, erzählt der Wissenschaftler. Von da verdoppelt sich die Sterblichkeit alle Acht Jahre. In einem Alter von etwa 80 bis 95 verlangsamt sich der Anstieg der Sterblichkeit. Mit einem Alter von 105 Jahren tritt dann der höchste Sterblichkeitswert auf. Hier liegt die Sterblichkeit bei 50 Prozent.

Eine weitere wichtige Frage ist, wie sich die Lebensspannen über die Jahre wie verändert haben. „Früher war die Sterblichkeitsrate bei Säuglingen, Kindern und jungen Erwachsenen aufgrund von Infektionskrankheiten noch sehr hoch,“ sagt Ebeling. Allerdings haben Menschen dort in höheren Altersstufen überlebt. Das hat den Effekt, dass zu dieser Zeit die Streuung der Sterbekurve noch sehr groß war. Laut Ebeling war dann zu sehen, wie die Lebensspannen sich immer mehr von Jahr zu Jahr anglichen, da unter anderem die Medizin einen großen Fortschritt gemacht hat. Damit sanken die Sterberaten von Säuglingen, Kindern und auch älteren Menschen immer weiter. „Das beobachten wir in einigen Ländern immer noch so.“ Natürlich käme es oft zu Abweichungen, die durch die Lebensweise der Menschen zustande kommt.

Auch die Ausstattung, die Gesundheitsvorsorge und das Land, in dem sie leben, spielt eine große Rolle. Es gibt auch Wissenschaftler, die behaupten, dass längere Lebensspannen mit ungleicheren Lebensraten erreicht werden können. Dies käme durch eine Gruppe von Menschen zustande, die extrem gesund leben, sodass diese einen viel schnelleren und besseren Sterblichkeitsfortschritt haben, als der Rest der Bevölkerung. „Dort vergleicht man dann nicht mehr die Sterbefälle der Säuglinge mit den der Erwachsenen, sondern die der Erwachsenen mit denen der extrem langlebigen Menschen“, berichtet Ebeling. Dementsprechend sei es wichtig Methoden zu verwenden, die in der Lage sind unterschiedliche Arten von Lebensspannen abzubilden, während die Sterberaten der Zukunft prognostiziert werden.
Die Ergebnisse der Studien von Ebeling und auch die von anderen Wissenschaftlern zum Beispiel am Max-Planck-Institut, sind für den normalen Bürger auf den ersten Blick nicht sonderlich relevant für das Weltgeschehen. „Das, was wir hier machen, ist Grundlagenforschung. Das heißt, dass wir kleine, abgefahrene Fragen beantworten, wo erstmal nicht gesagt werden kann, das hilft bei der Verbesserung der Politik zum Beispiel“, meint Ebeling. Aber eben solche Fragen sind wichtig um die wirklich großen Fragen beantworten zu können, wie zum Beispiel die Frage, wie wir Lebensspannen gleicher bekommen. „Wenn wir uns diese Frage stellen, dann haben wir jetzt in verschiedenen Artikeln Studien dazu gemacht, Maßzahlen entwickelt, wie man es besser messen kann, wie man es besser interpretieren kann und Konzepte vorgeschlagen, mit dem man dort argumentieren kann.“ Vorschläge, wie man Prognosen besser bestimmen kann, nützen zum Beispiel auch der Regierung bei ihren Sterblichkeitsprognosen. Laut Ebeling gilt es bei diesen Studien aber auch den Wissenszuwachs der Menschen zu fördern. Nach seinen jetzigen Forschungen will Ebeling sich aber auch größeren Fragen widmen.