Viel Publikum für europäischen Film

Am Anfang jeder Vorführung im Lichtspieltheater Wundervoll (Li.Wu.) steht nicht, wie in einer großen Kinokette, die Werbung. In den Sälen des Programmkinos laufen vor den Filmen nur ein paar Trailer und ein Hinweis auf die Förderung durch das EU-Netzwerks „Europa Cinemas“, was dem Li.Wu. wichtige, finanzielle Mittel zur Verfügung stellt.

Ein Ziel dieses Netzwerks ist, laut der Richtlinien, die „Steigerung der Programmvielfalt europäischer Filme in den Kinos, insbesondere von europäischen, nicht nationalen Filmen.“ Dafür erhält das jeweilige Kino finanzielle Fördermittel. Der Programmanteil von europäischen Filmen liege im Li.Wu. bei 70 Prozent der etwa 300 Filme pro Jahr, schätzt Geschäftsführerin Anne Kellner. „Es gibt ein breites Publikum für europäische Filme“, sagt Anne Kellner. Die Zahlen geben ihr recht: 57.581 der insgesamt 66.769 Besucher im vergangenen Jahr haben Produktionen aus Europa angesehen, ein Anteil von fast 90 Prozent. Weil man wenig Hollywoodfilme zeige, richte man sich vor allem an andere Besucher, als große Ketten: „Ich merke schon, dass ein Teil des Publikums amerikanischen Filmen kritisch gegenübersteht.“ Besonders gut laufen deutsche, französische und skandinavische Produktionen.

Diese Ausrichtung auf die Zielgruppe lohnt sich auch dank der Förderung. Am Anfang jeden Jahres reicht Anne Kellner bei dem Büro von Europa Cinemas in Paris eine Liste mit gespielten Filmen, Besucherzahlen und Umsätzen des Vorjahres ein. Daraus wird die Summe der Förderung errechnet; je mehr europäische Filme gezeigt wurden, desto mehr Geld gibt es für das Kino.

Das Lichtspielhaus benötigt aber auch noch weitere Geldgeber um zu überleben. Das Land hat seine Programme vor ein paar Jahren eingestellt, heute gibt die Stadt die wichtigen Gelder. „Die Mittel von der Stadt ermöglichen uns werbefrei zu spielen“, sagt Anne Kellner. „Kleinere Veranstaltungen wie für Schulklassen, die die Kosten nicht einspielen, wären ohne die Förderung nicht möglich.“ Der Anteil der Förderungen am Gesamthaushalt machte im vergangenen Geschäftsjahr etwa ein Viertel aus.

Gerade die Schulen sind wichtige Besucher für das Li.Wu. – etwa ein Viertel bis ein Drittel aller Gäste sind junge Leute. Die Vorführungen für Schulklassen sind individuell ausgerichtet und laufen außerhalb des regulären Programms. Lehrer können sowohl aus einer Liste von zur Verfügung stehenden Filmen, als auch von Filmen, die gerade im Abendprogramm sind, frei auswählen. „Das läuft dann besonders gut, wenn Filme in den aktuellen Unterrichtsstoff passen“, sagt Anne Kellner.

Anne Kellner bei der Eröffnung der Li.Wu.-Spielstätte in der Friedrichstraße 23.

Foto: Georg Scharnweber

Sondervorführungen statt mehr Wachstum

Andere Sondervorführungen richten sich an ältere Zielgruppen: In Kooperation mit der Universität Rostock zeigt das Kino jedes Jahr Streifen von der Deutschen Film AG der DDR. Diesen April dreht sich die Veranstaltung um Regisseur Heiner Carow, bekannte Gäste seien geladen. Geschäftsführerin Anne Kellner hofft auf zahlreiche Besucher: „Letztes Jahr waren wir hoffnungslos überrannt.“

In solchen Vorstellungen sieht sie auch weiterhin viel Potential. „Die Zukunft muss in Richtung Diversifizierung gehen, dass an mehr besondere Veranstaltungen zu besonderen Filmen macht.“

Mit einem Wachstum rechnet Anne Kellner nicht mehr, auch wenn die Zahlen der vergangenen Jahre sie immer wieder überraschen konnten. „Wir hatten über Jahre relativ konstante Besucherzahlen, was eigentlich nahe legt, dass das Potential ausgeschöpft ist. Nun gibt es das Kino aber seit 25 Jahren und doch sitzen in fast jeder Vorstellung Leute, die zum ersten Mal da sind.“ Diese Entwicklung sei für das fünfköpfige Team interessant zu beobachten und gäbe Hoffnung.

Das Lichtspieltheater Wundervoll hat seit 2014 zwei Säle in getrennten Räumlichkeiten. Im Neubau in der Friedrichstraße kommen 120 Zuschauer unter, die Spielstätte im alten Metropol-Theater im Barnstorfer Weg umfasst 160 Plätze. „Die räumlichen Kapazitäten sind aber endlich“, sagt Anne Kellner. Mit Filmen, wie dem Oscar prämierten „La La Land“, sei man immer häufiger auch mal ausverkauft. „Und Leute wegschicken wollen wir auch nicht gern.“ Zwei Spielstätten parallel zu halten sei auch nur durch die Förderung der EU und der Stadt möglich. Anne Kellner ist dankbar dafür: „Deswegen kann es auch Vorstellungen geben, wo nur vier Leute drin sitzen.“

Informationen zum Förderverein

Mit einem Jahresbeitrag ab 20 Euro für den Förderverein des Li.Wu. kann jeder dabei helfen das Programmkino in Rostock zu erhalten. Mitglieder können außerdem an der Planung von besonderen Veranstaltungen teilhaben. Anfragen werden unter Telefon (03 81) 490 38 59 und per E-Mail an mail@foerderverein-liwu.de entgegengenommen. Alle Informationen sind auch auf der Website unter www.foerderverein-liwu.de einsehbar.

Oben: Anne Kellner in ihrem Büro.

Links: Video vom Bau der Spielstätte in der Friedrichstraße.

Foto: Tobias Maibaum